Rede zum Haushalt 2014

Rede zum Haushalt 2014 der Fraktionsvorsitzenden Claudia Schlipf-Traup

gehalten in der Gemeindevertretung am 27.2.2014

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,

auch in diesem Jahr möchte ich mit einem Dank an den Gemeindevorstand und die Verwaltung für die Arbeiten zur Aufstellung des Haushaltsentwurfs sowie ihre Erläuterungen beginnen und allen Beteiligten für die sachlichen und konstruktiven Beratungen während der Gremiensitzungen danken.

Der Haushalt 2014 gibt keinen Anlass zur Freude – im ordentlichen Ergebnis planen wir mit einem Defizit von ca. 700 000 Euro, seit geraumer Zeit haben wir einen konstanten Bedarf von 5,5 Mio Euro an Kassenkrediten. Dennoch können wir optimistischer in die Zukunft blicken als die vergangenen Jahre. Rechnet man die außerordentlichen Erträge von 485 000 Euro, die v.a. durch Veräußerung von gemeindlichen Grundstücken erzielt werden, gegen das Defizit, so bleibt noch ein Fehlbetrag von ca. 210 000 Euro. Im letzten Haushaltsplan lag dieses Defizit noch bei 1,26 Millionen Euro.

Dank besserer Prognosen für die Einnahmen der Gemeinde aus Einkommens- und Gewerbesteueranteilen, dank den Einsparungsbemühungen in der Gemeinde und Dank den geplanten Maßnahmen im Haushaltssicherungskonzept, können wir ab 2015 mit einem ausgeglichenen Haushalt rechnen. Im Jahr 2016 können wir dann laut Prognose sogar einen Überschuss von rund 270 000 Euro erzielen. Die Vorgaben der Finanzaufsicht, bis 2020 einen Haushaltsausgleich zu erreichen, sind so zur Genüge erfüllt.
Doch damit können wir uns noch lange nicht entspannt zurücklehnen, es ist weiterhin ein strikter Sparkurs angesagt. Denn es gilt noch den Schuldenberg von 5,5 Millionen Euro an Kassenkrediten neben den Darlehensschulden von 3,8 Millionen Euro abzubauen. Rund eine Million dieser Darlehenssumme wird in diesem Jahr für den Umbau in der Ortsdurchfahrt Jugenheim und den Mehrzweckraum in der Dreifelderhalle investiert.

Zur Euphorie verleitet keineswegs der Einblick in die Sport- und Kulturhalle Seeheim, oder das Befahren so mancher maroder Ortsstraßen und Feldwege, vielmehr kann man dabei den Mangel förmlich physisch erleben. Ähnliches gilt für die energetische Situation des Haus Hufnagels, den Zustand unserer Büchereien und vielem mehr. In der Gemeinde liegt ein mächtiger Investitionsstau vor, die Infrastruktur leidet mehr als es gesund ist und es fehlt das Geld, um nötige Projekte, zu verwirklichen.

Uns Gemeindevertretern macht es keinen Spaß, so manche berechtigte Wünsche von Bürgerinnen und Bürgern oder Vereinen und Organisationen von einem Jahr auf das andere zu verschieben oder gar abzulehnen. Das betrifft zum Beispiel die Beregnungsanlage am Sportplatz Malchen, das Leitsystem für die Gemeinde, eine attraktive Gestaltung der Spielplätze, eine Umgestaltung des Einkaufzentrums am Grundweg, den Bürgersteig in der Ober Beerbacher Straße – die Liste ließe sich noch lange erweitern.

Es bleibt uns deshalb kein anderer Weg, als die Konsolidierungsbemühungen strickt fortzusetzen, um Spielräume für die Zukunft zu schaffen und nicht auf Kosten zukünftiger Generationen zu leben. So müssen die Einsparungen im Personalbereich in der Verwaltung wie geplant konsequent umgesetzt werden, ohne aber deren Arbeitsfähigkeit und Gesundheit zu gefährden. Deshalb ist ein Konzept für einen Personalentwicklungsplan dringend erforderlich.
Richtig ist es unserer Meinung auch, die Ausgaben für Sach- und Dienstleistungen konstant zu halten und nicht ansteigen zu lassen, auch wenn dies mit so manchem Verzicht verbunden ist.
Äußerst unbefriedigend und gegenläufig zum Haushaltskonsolidierungsprozess ist, dass häufig Gebühren von der Verwaltung nicht konsequent und fristgerecht bei den Zahlungspflichtigen eingefordert werden und der Gemeinde so beträchtliche Einnahmen verloren gehen. Wir fordern den Gemeindevorstand, insbesondere den Bürgermeister auf, in dieser Angelegenheit dringend Abhilfe zu schaffen und die Verwaltungsstrukturen entsprechend zu verbessern.

Die Möglichkeiten der Interkommunalen Zusammenarbeit müssen weiter genutzt und ausgebaut werden. So begrüßen wir den gemeinsamen Standesamtsbezirk mit Alsbach-Hähnlein und stehen einer Ausweitung der Zusammenarbeit z.B. im Bereich Personalwesen sehr offen gegenüber.

Weiterhin gilt der Appell an Land und Bund, für eine bessere finanzielle Grundlage der Kommunen zu sorgen und nicht nur neue Aufgaben auf diese abzuschieben.

Als positiv und sehr konstruktiv, möchte ich den Verlauf des Runden Tisches zur Haushaltskonsolidierung beschreiben. Nach intensivem Drängen beim Bürgermeister, nicht nur von der Fraktion der GRÜNEN, hatte die Verwaltung, bzw. der Gemeindevorstand, einen umfassenden Katalog an möglichen Konsolidierungsvorschlägen erarbeitet und vorgelegt. In sachlicher und konstruktiver Weise sind diese Vorschläge am Runden Tisch und in den Fraktionen politisch bewertet worden und sind in das Haushaltskonsolidierungskonzept eingeflossen, das wie bereits erwähnt mit einem voraussichtlichen Haushaltsausgleich in 2015 ein wesentlich besseres Bild darstellt als in den letzten Jahren.

Eine gewichtige Grundlage für diese optimistischere Finanzplanung stellt die Verbesserung der Einnahmeseite durch die geplante Erhöhung der Grundsteuer ab dem Jahr 2015 von 320 auf 380% und der Gewerbesteuer von 370 auf 380% dar. Wir sind uns durchaus bewusst, dass wir damit von den Gewerbetreibenden und den Einwohnerinnen und Einwohnern der Gemeinde einen gewaltigen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung verlangen. Gleichzeitig sind wir aber überzeugt, dass es der richtige Weg ist, denn die Einsparungsmöglichkeiten sind weitgehend ausgereizt. Wir stehen in der Verantwortung für die zukünftigen Generationen, unseren Schuldenberg abzubauen und unsere Infrastruktur zu erhalten, zu pflegen und wenn nötig auszubauen oder neuen Anforderungen wie z.B. dem Brandschutz, der demografischen Entwicklung und den sich ändernden Bedarfen der Familien an Kinderbetreuung anzupassen.

Viele Kommunen haben in den letzten Monaten ähnliche Schritte unternommen und die Realsteuern deutlich erhöht. Die Aufgaben, die die Gemeinde nicht zuletzt finanziell zu bewältigen hat, steigen stetig an. So müssen wir den Ausbau und die Betriebskosten für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren ab 2015 für weitere 20 Plätze finanzieren. Für den Gemeindeanteil an der Dreifelderhalle fallen zusätzliche Betriebskosten an und wir müssen eine angemessene Unterbringung und Betreuung der Asylbeweber in unserer Gemeinde sicherstellen.

Zusätzliche Kosten werden der Gemeinde voraussichtlich auch die anstehenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst verursachen.
Wir haben in Seeheim-Jugenheim eine sehr hohe Wohnqualität durch eine gute Anbindung an den ÖPNV, gute Kinderbetreuungsangebote, ein vielseitiges Angebot an Einkaufsmöglichkeiten und an medizinischer Versorgung. Wir haben sieben Ortsteile und sieben Bürgerhäuser oder ähnliches. Wir haben ein sehr reges Vereinsleben, wir haben ein Freibad.

Der Naherholungswert durch die schönen und auch ökologisch wertvollen Naturräume rund um die besiedelten Gebiete der Gemeinde ist sehr hoch. Dies liegt auch darin begründet, dass wir nicht von großen Industrie- und Gewerbegebieten umschlossen sind, wie z.B. Weiterstadt. Damit verbunden ist eine hohe Lebensqualität. Im Gegenzug müssen wir auf Gewerbesteuereinnahmen in größerer Höhe verzichten und müssen dies durch andere Quellen kompensieren. Wir halten nichts von dem Vorschlag der SPD den Flächennutzungsplan nach neuen Gewerbeflächen im Außenbereich zu durchforsten, um neue Gewerbesteuereinnahmen zu generieren. Das ist einerseits als eine nicht realisierbare Wunschvorstellung zu bewerten und würde auf der anderen Seite wertvolle Naturräume zerstören. Wie unkalkulierbar Gewerbesteuereinnahmen sind, zeigen die Städte Rüsselsheim und Pfungstadt.

Die Berechnungsgrundlage der Grundsteuer enthält eine soziale Komponente. Wohlhabende zahlen in der Regel mehr. Bezieher von Grundsicherung werden durch die Steuerhöhung nicht belastet, ihre Wohnkosten werden von der Kreisagentur für Beschäftigung übernommen. Menschen die eine große und wertvolle Wohnung oder ein wertvolles Haus haben, sind meist auch vermögender. Der Einheitswert ihrer Immobilie ist höher als bei einer kleinen Wohnung und entsprechend steigt ihre zu entrichtende Grundsteuer auch stärker durch die Erhöhung des Hebesatzes an.
Wir wollen mit dem Schritt der Realsteuererhöhung vermeiden, dass wir eines Tages aufgrund der schlechten Finanzsituation doch Bürgerhallen in den Ortsteilen oder das Schwimmbad schließen müssen, was den Bürgerinnen und Bürgern sicherlich schwerer zu vermitteln wäre.

Erstmals sind im Haushalt auch Einnahmen aus Parkraumbewirtschaftung, sprich Parkgebühren veranschlagt. Diese Maßnahme ist nicht nur aus finanzieller Sicht zu begrüßen. Sie hat hoffentlich auch einen gewissen Steuerungseffekt, dass Schwimmbadbesucher nämlich mehr zu Fuß oder mit dem Fahrrad zum Schwimmbad kommen.

Einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität in der Gemeinde leisten die Einwohnerinnen und Einwohner selbst durch das vielseitige bürgerschaftliche Engagement. Dafür möchte ich an dieser Stelle allen, die in irgendeiner Weise engagiert sind, herzlichen Dank sagen. Seien es der Schwimmbadverein, die Naturschutzverbände, der Runde Tisch für die Asylbewerber, der Seniorenbeirat, die Sportvereine, um nur einige wenige von ganz vielen zu nennen. Besonders erwähnen möchte ich dabei die Feuerwehr, die neben ihrer Hauptaufgabe, den Brandschutz sicher zu stellen, in ihrer Freizeit viele andere Aufgaben in der Gemeinde übernimmt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, die Talsohle scheint durchschritten, wir sind auf dem Weg nach oben, doch der ist noch lange und steinig.
Wann sind ein Neubau oder ein Umbau der Sport- und Kulturhalle oder ein Begegnungscafé realisierbar?

Die Fraktion Bündnis90/Die GRÜNEN stimmt dem Haushalt und dem Haushaltssicherungskonzept zu.

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